POP
Stimmiger
Ansatz
Emmylou Harris’ neues Album
als Trip in die Vergangenheit
Em m ylou H a rris ist der Typ
M ensch, der eine unglaubliche
Ruhe ausstrahlt. Exaltierte G es-
ten findet man bei ihr nicht. Sie
bleibt sich stets treu, auch beim
Interview in einem feinen B erli-
ner Hotel. D ort redet die 64-Jäh-
rige über ihre C D „H ard ßar-
gain ‘\ m it der sie ihre Vergan-
genheit Revue passieren lässt.
„The Road“ zum Beispiel ist ih -
rem früheren M entor G ram Par-
sons gew idm et.„O hne ih n “, sagt
sie,„wäre ich heute nicht die, die
ich bin." Denn Parsons eröffne-
te ih r eine neue Welt: den C o u n -
try. Sie sang Anfang der 70er Jah-
re auf seinen Alben, ging m it ihm
au f Tournee. Bis er m it 26 starb.
Danach baute sich die A m e ri-
kanerin eine gigantische S o lo -
karriere auf. Sie bekam zw ö lf
G ram m ys, 2008 wurde sie in die
C o u n try M usic H all o f Farne
aufgenom m en. Sich zu r Ruhe zu
setzen ist für die w eißhaarige
Singer/Songw riterin
trotzdem
kein Them a. E lf ihrer 13 neuen
Lieder sind Eige n ko m P o sitio -
nen, dazu kom m en zwei C o ver-
versionen: Ron Sexsm ith' „H ard
Bargain“ und „C ro ss Y o u rse lf“,
eine N um m er ilires Produzenten
Jav Joyce: „Dieses Stück birgt zu -
gleich Sehnsucht und H o ffn u n g
in sich - das gefällt m ir.“
ihre M idtcm po-Version klingt
so selbstverständlich nach E m -
m ylou H arris, dass man - wüss-
te m an es nicht besser - sofort
verm uten würde: Das ist ih r
Song. Tadellos fügt er sich ins
Gesam tbild. Bei „New O rleans“
gibt der Rock den Ton an, „M y
Nam e Is Em m ett T ill“ rückt die
akustische G itarre in den V o r-
d ergrund, in „The Road“ m alt
die E-G itarre ein m usikalisches
Bild. So findet die G rande Dam e
des Cou n try für jeden Titel einen
stim m igen Ansatz. Einige Lieder
sind quasi aus dem M om ent he-
raus entstanden, andere mussten
lange reifen. W ie das wehmütige
„The Sh ip O n H is A rm “, eine
Hom m age an die Eltern der Sän-
gerin: „D en Refrain hatte ich seit
Jahren im Kopf. A ber nach der
passenden G eschichte habe ich
ewig gesucht.“
Dagmar leischow
Tournee
05
06. München, Philharmonie
06.06. Frankfurt. Jahrhunderthalle
08 06. Berlin, Admiralspalast
Steve Earle
I’LL NEVER GET OUT OF THIS.
..
New West/Soulfood CD (38 ) <
OVD
Auch als IP geplant
Viel „Graswurzelmusik“ gibt’s hier.
„Waiting On The Sky“ ist eine Mi-
schung aus Rockabilly, Chuck Ber-
ry und Tex/Mex, „Little Emperor“
elektrifizierter Appalachen-Folk,
„The Gulf Of Mexico“ eine Coun-
try/Folk-Ballade, „Molly-O“ die mit
Fiedel und Banjo instrumentierte
Bluegrass-Etüde.
Die
bluesige
Tom- Waits-Hommage heißt „Meet
Me In The Alleyway“ . Steve Earle
war bei den von T Bone Burnett
produzierten Sessions in guter
Form. „Heaven Or Hell“ , im Duett
mit Allison Moorer gesungen, wur-
de gegen alle Nashville-Konven-
tionen gebürstet.
F. Sch.
MUSIK ★
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★
KLANG ★ ★ ★ ■ <
Mike + The M echanics
THE ROAD
Columbia/Sony CD
Der gesundheitlich angeschlagene
Phil Collins will kürzer treten, Ge-
nesis liegt somit (erst einmal) auf
Eis. Gut, dass ich ein zweites Stand-
bein habe, muss sich Mike Ruther-
ford da gedacht haben. Der Gitarrist
hat kurzerhand sein Nebenpro|ekt
neu belebt und mit Andrew Roach-
ford (größter Hit: „CuddtyToy“) und
dem Musical-Darsteller Tim Howar
zwei neue „Mechaniker“ einge-
stellt. Die sind am Mikro ein fast
ebenbürtiger Ersatz für Paul Carrack
und Paul Young und machen in ein-
gängigen, radiofreundlichen Pop-
rock-Songs wie „Oh No“ und „TryTo
Save Me“ eine ziemlich gute Figur.
hake
Dass sie einen gepflegten Bass zup-
fen kann, hat sie an der Seite von
Vater Otis Taylor schon hinreichend
bewiesen. Dass sie eine tolle Sän-
gerin mit viel Soul und Eleganz in
den Stimmbändern ist, war eben-
falls vereinzelt zu hören (
2
um Bei-
spiel als Gast von Gary Moore). Nun
glänzt Cassie Taylor mit einem wei-
teren Talent, dem des Songschrei-
bens. Für ihr Solodebüt hat sie
prächtige Bluessongs im Sound un-
serer Tage verfasst. Statt des übli-
chen „old man btues“ , der von Sex
und Suff handelt, erklingt hier eine
zeitgemäße Variante aus der Pers-
pektive einet emanzipierten jungen
Frau von heute.
hake
LIVE FOREVER
Tuff Gong/Umversat 2 CDs
(91)
Vom Krebs geschwächt erklomm
Bob Marley acht Monate vor seinem
Tod zum letzten Mal die Bühne. Da-
nach schlummerten die Aufnahmen
der Reggae-Ikone fast
3 0
Jahre lang
in den Archiven. Natürlich hält der
Mitschnitt vom
2 3
.
9 .1 9 8 0
in Pitts-
burgh einem Vergleich mit dem mit-
reißenden „Babylon By Bus“ nicht
stand, präsentiert dafür mit dem
„Redemption Song“ oder „Could
You Be Loved“ Material vom letzten
grandiosen
Studioalbum
„Upri-
sing“ . Das bewegende Dokument
unterstreicht: der Wegbereiter für
schwarze Musik jenseits der USA
besaß ein einzigartiges Händchen
für mitreißende Melodien.
wz
SONGS FROM A BELL TOWER
Blackbird/Soulfood 2 CDs
(117')
Waren die Tantiemen für
8
oer-Jah
re-Hits wie „The Promise You Made“
und „When Your Heart Is Weak“
schon aufgebraucht, oder hatten
sich Cock Robin im Ruhestand ge-
langweilt? Wie auch immer, seit
2 0 0 6
, das war
16
Jahre nach der Auf
lösung, wollen es die US-Amerika-
ner noch mal wissen und schneiden
dabei gar nicht schlecht ab. Ihre
brauchbare neue Studio-CD (plus
Borus-Live-CD) punktet mit einem
straffen, handgemachten Poprock
Sound sowie sehnsuchtsvollen Me-
lodien. Die Sangesstimmen von Pe-
ter Kingsbery und Anna LaCazio ha
ben rein gar nichts von ihrem Zau-
ber eingebüßt.
hake
MUSIK ★
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KLANG ★
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KLANG ★
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MUSIK
KLANG ★ ★
MUSIK ★
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KLANG ★
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130 STEREO 6/2011